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Interner Bereich, Filmwahl und mehr...
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Die Deutsche Akademie für Fernsehen – kurz DAFF – wurde im Dezember 2010 gegründet mit dem Ziel, den Kreativen in den unterschiedlichen Gewerken von der Entwicklung bis hin zur Herstellung von deutschen Fernsehprogrammen eine eigene Stimme zu verleihen. Wir verzeichnen derzeit knapp 800 Mitglieder.
Die DEUTSCHE AKADEMIE FÜR FERNSEHEN soll in der öffentlichen Diskussion über die Medien und ihre Inhalte zu einer Stimme der Fernsehschaffenden werden und das Bewusstsein für die kreativen und künstlerischen Leistungen derjenigen, die die Fernsehprogramme gestalten, fördern und stärken.
Zweck laut Satzung der DEUTSCHEN AKADEMIE FÜR FERNSEHEN ist die Entwicklung des deutschen Fernsehens als wesentlichen Bestandteil der deutschen Kultur sowie der deutschen Kulturwirtschaft zu fördern und deren Vielfalt zu erhalten, das Gespräch und den Austausch von Ideen und Erfahrungen zwischen den deutschen Fernsehschaffenden insbesondere auch zwischen freiberuflichen und in Sendern festangestellten anzuregen, zu stärken und zu pflegen, den Diskurs zu inhaltlichen und wirtschaftlichen Aspekten des deutschen Fernsehens zu führen.
Dazu werden öffentliche Veranstaltungen zu kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Themen im audiovisuellen Bereich organisiert, Weiterbildungsveranstaltungen für im audiovisuellen Bereich tätige Personen unter Leitung von Mitgliedern des Vereins oder externen Experten durchgeführt, und die Verleihung einer Fernsehauszeichnung, gegebenenfalls mit noch zu bestimmenden Partnern, vorbereitet und durchgeführt.
Die Akademie hat ihren Sitz in Berlin und München. Sie wird allen kreativen Fernsehschaffenden mit langjähriger Erfahrung und besonderer Leistung bei der Herstellung deutscher Fernsehwerke aus den Bereichen Fiction, Non-Fiction, Unterhaltung und Journalismus offen stehen.
Ab 2024 ist der normale Beitragssatz € 180, in Ausnahmefällen ist er reduziert.
Bitte beachten Sie unsere angepassten Mitgliedsbeiträge ab Januar 2024.
Diese entnehmen Sie der aktualisierten Beitragssatzung unter https://daff.tv/wp-content/uploads/2023/09/Beitragsanpassung_Anlage3_MVDAfF_2023_final.pdf
Bankverbindung:
Empfänger: Deutsche Akademie für Fernsehen e.V.
IBAN: DE09 3705 0299 0000372 343
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Die Produktion von Bewegtbildmedien hat sich für viele freiberufliche Marktteilnehmer*innen in den vergangenen drei Jahrzehnten schleichend zu einem prekären, finanziell hoch risikoreichen Beruf verändert[1], den man sich leisten können muss.[2] Aufgrund dieser schwierigen Einkommensbedingungen sind bestimmte Bevölkerungsgruppen als Akteure deutlich unterrepräsentiert, wie etwa Pro Quote[3] oder die Neuen Deutschen Medienmacher*innen[4] betonen und wie eigene Untersuchungen zur Situation der Film‑ und Fernsehschaffenden von 2015 und 2021 sowie eine Studie aus dem Jahr 2020 über das ö/r Volontärswesen eindrucksvoll bestätigt.[5]
Diese Prekarisierung – die auch Auswirkungen auf die Vielfalt der Stimmen hat – steht in krassem Widerspruch zu den Erwartungen, die Bürger*innen an ein gemeinwohlorientiertes Mediensystem haben dürfen. Sie steht aber auch in Widerspruch zum Selbstverständnis der ö/r Anstalten selbst, die sich für besonders gemeinwohlorientiert halten, es de facto aber nicht sind. Die Public Value Aspekte eines ö/r Rundfunks können sich nämlich keinesfalls nur auf die Inhalte beschränken. Vielmehr geht es darum, die Legitimität öffentlich organisierter und finanzierter Unternehmen ganzheitlich zu begreifen. Dabei spielen nicht nur inhaltliche, sondern auch finanzielle, organisatorische und strukturelle Aspekte eine Rolle. Insbesondere zählt dazu die Notwendigkeit, das Handeln des Unternehmens andauernd durch faire und vertrauensbildende Reformprozesse auf den Prüfstand zu stellen und entsprechende Standards regelmäßig zu evaluieren. Entscheidende Bereiche sind dabei Transparenz, Teilhabe, Dialog, Vertrauensbildung, Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit (vgl. Rotermund 2021: 297ff.)
Was vielfach unbekannt ist: Die überwiegende Mehrheit der ö/r Bewegtbildmedien wird von unabhängigen Produktionsfirmen oder Freiberufler*innen[6] hergestellt. Das ist auch wünschenswert, denn einen differenzierten, gründlichen und ausgewogenen Blick auf die Welt kann es nur geben, wenn die Vielfalt der Gesellschaft sich auch bei denjenigen wiederfindet, die diese Gesellschaft abbilden. Und wenn diese Akteur*innen angemessen vergütet werden. Aber genau davon sind wir weit entfernt. Das derzeitige System benachteiligt die überwiegend freiberuflichen Medienmacher*innen, während es, zumindest mit Blick auf die Höhe und Regelmäßigkeit des Einkommens, den festangestellten Verwalter*innen, die jedoch die Entscheidungsträger sind, in die Hände spielt. Dadurch wird zwangsläufig der Bock zum Gärtner gemacht.
Tatsächlich besteht die eigentliche Herausforderung insbesondere von Freien und sog. Festen Freien oft vor allem darin, dutzendfach Themenvorschläge zu unterbreiten, die dann nie realisiert werden, Netzwerke zu pflegen, Entscheider*innen zu umgarnen und dabei nicht den Mut zu verlieren. Regisseur*innen und Produzent*innen müssen zusätzlich noch in oft jahrelanger Kleinstarbeit unbezahlte Vorab-Recherchen leisten, ausführliche Treatments schreiben, Teaser produzieren und komplizierte Co-Produktionen auf die Beine stellen. Das dauert oft Jahre, verschlingt für die Betroffenen kostbare, weil nur sehr begrenzt vorhandene Ressourcen an Zeit und Geld, verhindert schnelle Reaktionen auf Geschehnisse und kann einen Großteil der künstlerischen Kraft kosten. Viele Regisseur*innen, offenkundig vor allem Frauen, die in der Ausbildungszeit inzwischen die Mehrheit stellen, dann aber den Beruf überdurchschnittlich häufig verlassen, kapitulieren vor diesen Schwierigkeiten, die mit den Herausforderungen des »Medienmachens« selbst im Grunde gar nicht so viel zu tun haben. Aber auch Vertreter*innen finanziell benachteiligter Milieus, die sich jahrelange finanzielle Durststrecken nicht erlauben können, zählen zu denjenigen, deren Stimmen eben deswegen nicht hörbar werden können.
Hat man dann doch mal einen Auftrag ergattert, muss man feststellen, dass es einen echten Kalkulationsrealismus nach wie vor nicht gibt. Trotz einiger Verbesserungen hier und da hat sich an dieser Schieflage zu Ungunsten eines großen Teils der Macher*innen in den letzten beiden Jahrzehnten nur sehr wenig verändert. Ein Grund dafür ist das Machtgefälle zwischen den auftraggebenden ö/r Anstalten und den Vertreter*innen der Gewerkschaften, Verbände und Interessenvertretungen, die ihre Interessen im Rahmen von diversen Verhandlungen mit den auftraggebenden Rundfunkanstalten austarieren müssen. Die provokante These dieses Beitrages lautet daher, dass die bestehenden Wege der Mittelvergabe über »Terms of Trade« Verhandlungen zwischen Sendeanstalten und Produzent*innen, sowie GVR-Verhandlungen zwischen Sendeanstalten, Produzent*innen und Regisseur*innen nicht funktionieren können und eigentlich ersetzt werden müssten.
Was könnte demgegenüber eine Alternative sein? Nachdenken möchte ich in diesem Beitrag darüber, wie im Rahmen z.B. eines senderunabhängigen ö/r Medieninnovationsfonds (MEDIFO) eine künftige Mittelvergabe zunächst einmal versuchsweise neu geregelt werden könnte, damit nicht nur mehr soziale Gerechtigkeit, sondern gleichzeitig auch ein größerer gesellschaftlicher Nutzen die Folge ist.
Eine nachhaltige, gemeinwohlorientierte Herstellung der Medienproduktion setzt zweierlei voraus, nämlich einerseits eine vollständige und angemessene Abgeltung der Produktionsleistung sowie darüber hinaus eine Abgeltung der übertragenen Nutzugsrechte. Darin enthalten sein müssten ein angemessener Gewinn, welcher den Macher*innen für die weitere Entwicklung von Stoffen, die Abgeltung des unternehmerischen Risikos sowie Rücklagen für schlechtere Zeiten zur Verfügung steht. Und auch ein möglicher Pioniergewinn für besonders erfolgreiche, innovative oder mutige Produktionen müsste eigentlich zu den Vorzügen der Selbständigkeit zählen. Es mag ungewöhnlich klingen, bei Urheber*innen, Künstler*innen und anderen Kreativen über Kategorien wie unternehmerisches Risiko und Gewinn zu sprechen, aber de facto sind diese Freiberufler*innen und Selbständige und damit Unternehmer*innen.
Eine ganze Reihe von Studien und Untersuchungen zur Film‑ und Fernsehproduktionswirtschaft, so z.B. die Produzentenstudien von Castendyk und Goldhammer aus den Jahren 2012 und 2018[7], sowie eigene Untersuchungen im Bereich Dokumentar-[8] und Animationsfilm[9], thematisieren die schlechte wirtschaftliche Positionierung von Produktionsunternehmen. Aus den nachfolgend genannten Gründen muss festgestellt werden, dass die deutschen Film‑ und TV-Produktionsmodelle nicht wirtschaftlich nachhaltig sind:
Diese Faktoren und der hohe Grad der Subventionierung in der Branche (Filmförderung) sowie die oligopolartige Dominanz der Rundfunkanstalten, welche den Produzenten vorschreibt, wann, wie und wieviel Gewinn erwirtschaftet werden darf, führt praktisch dazu, dass Produzent*innen ihre Gewinne nicht durch die Verwertung der Filme und Fernsehproduktionen, sondern ausschließlich während der Produktionsphase im Rahmen von den Finanzierern (Förderern und Sendern) zugebilligter Produzentenhonorare, Handlungsunkostenpauschalen und Gewinnpauschalen erhalten. Damit können und dürfen die Produzent*innen praktisch gar nicht an langen, aufwändigen und intensiven Entwicklungs‑ und Produktionsphasen ihrer Filme interessiert sein, sondern daran, so viele Filme so schnell wie möglich abzuschließen. Viele Filmschaffende leben tatsächlich in prekären sozialen Situationen, was ebenso in mehreren eigenen Untersuchungenthematisiert wurde.[10] Hier nur die wichtigsten Punkte stichpunktartig zusammengefasst:
Die logische Konsequenz wäre daher die Entwicklung eines nachhaltigen Produktionsmodells, welches unternehmerische Verantwortung fördert und Gemeinwohlorientierung ermöglicht. Wenn von Gemeinwohlorientierung und unternehmerischer Verantwortung die Rede ist – umfassender noch ist der angelsächsische Begriff des »Public Value« – dann ist damit ein ganzer Strauß an Themen angesprochen, darunter ein Gleichklang von ökonomischer, ökologischer und sozialer Verantwortung aber auch Corporate Governance und Corporate Citizenship (vgl. Rotermund 2021: 297ff.). Es geht, mit anderen Worten, um Aspekte von Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Transparenz und Mitentscheidung. Konkret bedeutet dies für die Medienbranche die Forderung nach:
Diese Stichworte bleiben allerdings so lange leere Worthülsen, solange sie nicht konkret umgesetzt werden. Für die Produzent*innen bedeutet eine solche Regelung:
Urheber*innen und ausübende Künstler*innen haben einen Anspruch auf angemessene Honorare für die Nutzung ihrer Werke bzw. Darbietungen. Was für unabhängige Filmschaffende, also z.B. Regisseur*innen, angemessen ist, wird in gemeinsamen Vergütungsregeln (GVR) festgeschrieben. GVR werden im Rahmen von Verhandlungen zwischen Verwertern bzw. Verwerterverbänden und Urheberverbänden aufgestellt. Im Falle der Filmschaffenden sind das für die Urheber*innen z.B. Verbände der Regisseur*innen und Autor*innen auf der einen Seite und die Produzent*innenverbände sowie ö/r Rundfunkanstalten auf der anderen Seite. Haben sich beide Seiten auf solche Regeln geeinigt, so gelten diese als verbindlicher Maßstab für angemessene Vergütungen. GVR sind also kollektive Verträge, die zwischen zwei Gruppen, welche theoretisch am freien Markt interagieren, abgeschlossen werden, um das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Kreativen und strukturell überlegenen Produzent*innen und Verwertern auszugleichen. Dies mag vergleichbar erscheinen mit der Situation am Arbeitsmarkt, wo Unternehmer*innen mit Arbeitenden interagieren und die Arbeitenden mit Hilfe von Gewerkschaften ihre Rechte durchzusetzen versuchen. Es scheint also, als wären GVR damit Tarifverträgen nicht unähnlich. Weit gefehlt, denn vor allem bei den Verhandlungen zu den GVR mit den ö/r Rundfunkanstalten verhandeln hier beide Parteien in zweierlei Hinsicht nicht auf Augenhöhe:
Zum einen herrschen hier keine freien Marktbedingungen. Die Situation in der Fernsehwirtschaft ist ähnlich der eines Oligopols. Die Rundfunkanstalten bestimmen grundsätzlich den Inhalt, den Preis und die Art und Weise der Umsetzung der Produktionen und somit der zu erbringenden Leistungen. Sie selbst können nicht frei verhandeln, da sie ihre Produkte nicht frei verwerten bzw. vermarkten, sondern von Rundfunkbeiträgen finanziert werden, welche wiederum von der Politik bzw. den Landesregierungen festgelegt werden. Dies ist ein strukturelles Manko, welches von den Rundfunkanstalten nicht selten in psychologischer Hinsicht gegenüber den Verhandlungspartnern der Urheberrechtsseite insofern ausgespielt wird, als dass man sich den Urhebern gegenüber als gar nicht handlungsfähig darstellt.
Zum anderen können in GVR, anders als in echten Tarifverträgen, keine Arbeitsbedingungen über die Vergütung schöpferischer Leistung hinaus geregelt werden, wie zum Beispiel Arbeitszeit und soziale Absicherung.[11]
Bei Film‑ und Fernsehproduktionen generieren fast alle Beteiligten, anders als z.B. im Bereich der Musik und Literatur, den überwiegenden Teil ihrer Einnahmen durch die unmittelbare Erbringung ihrer Leistung im Produktionsprozess, nicht durch nachträglichen Rechteverkauf. Hier sind Urheber*innen und Produzent*innen nahezu gleich betroffen. Dies resultiert aus dem hohen Subventionsanteil (Filmförderung) in deutschen Produktionen, ohne den viele Filme und auch Fernsehproduktionen nicht entstehen würden. Die Förderbedingungen einerseits, insbesondere die Vorgaben nach Eigenanteilen und vorgeschriebenen Eigenmittelquoten, das Verlangen nach Verwertungsverträgen vor Produktionsbeginn, aber auch die begrenzten Verwertungsmöglichkeiten für deutsche (insbesondere nichtfiktionale) Produktionen sind Auslöser dafür, dass in ca. 90 % aller Fälle ein Recoupment dieser Eigenmittel durch Rechteverkauf nicht gelingen kann. Insbesondere nach der Jahrtausendwende wurde eine Tendenz weg von den klassischen Auftragsproduktionen hin zu Teilfinanzierungen durch die ö/r Rundfunkanstalten deutlich. Diese Tendenz muss aus zweierlei Hinsicht kritisch gesehen werden. Zum einen erschwert sie die Verwertbarkeit aufgrund der Anspruchsberechtigung sowohl der Anstalten als auch der Produzent*innen und ist für die Zuschauer*innen strukturell intransparent. Zum anderen belastet sie die Filmhersteller*innen immer mehr aufgrund der o.g. Förderbedingungen. Die Rechnung Eigenmitteleinsatz gegen »Rechterückbehalt« geht für die kleineren Produzent*innen in Wirklichkeit also nur sehr selten auf.[12]
Zum anderen ist hier die Frage nach einer Vergütung für deutlich längere Verweildauern in den Mediatheken relevant, für die es dringend wirklich tragfähige Lösungen geben muss. Längere Verweildauern, insbesondere für nonfiktionale Produktionen, die den zentralen Funktionsauftrag Bildung, Information und Beratung erfüllen, sind ein Desiderat von Bürger*innen und Politik gleichermaßen. Nur dadurch kann ein langfristig verlässliches digitales kulturelles Mediengedächtnis entstehen. Und nur dadurch können nach und nach auch die ö/r Mediatheken zu systematischen audiovisuellen Wissensdatenbanken werden, eine Funktion, die sie eigentlich innehaben müssten, die heute tatsächlich aber am ehesten von privatwirtschaftlichen Playern wie YouTube oder Wikipedia erfüllt wird. Und zwar oft genug ohne Beteiligung von Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigten an den Erlösen der Plattform.
Auch aus einer Stellungnahme verschiedener Verbände zur Wirksamkeit der Umsetzung der Digital Single Market Richtlinie EU2019/790 unter Federführung des Bundesverband Regie (BVR) geht erstaunlicherweise sehr klar hervor, dass es derzeit eben gerade keine tragfähigen Modelle für das Bemessen von Vergütungen oder Folgevergütungen durch Sender oder Plattformen gibt. Der BVR selbst hat vor einigen Jahren mit dem ZDF eine pauschale sog. »Korbregelung« verhandelt, in der er eine ganze Reihe von Verwertungen durch eine Einmalzahlung vergüten ließ. Genau diesen Ansatz lehnt der BVR jetzt wiederum ab, ohne allerdings schlüssige neue Antworten vorlegen zu können, wie insbesondere Folgevergütungen errechnet und administriert werden sollen. Stattdessen heißt es in einer Stellungnahme an die Politik:
»Bislang gilt für alle ö/r Sender: Es fehlen bislang in allen bisherigen GVRs differenzierte Verhandlungsergebnisse und Regelungen für die Online-Nutzungen. Als wesentliches Hindernis für Modelle zur Vergütung der Online-Nutzung wird das Fehlen einer Definition der Nutzung angeführt: Ab wann gilt ein Film als »genutzt«, bzw. kann Nutzung auch in Minuten oder Sekunden gerechnet werden, unabhängig davon, ob ein Film in Gänze gesehen wurde?«[13]
Grundsätzlich: Wenn als Bemessungsgrundlage für eine Online-Folgevergütung die quantitative Nutzung gestellt wird, konterkariert das nicht die auch von den Urheberverbänden immer wieder scharf kritisierte Quotenhörigkeit der ö/r Anstalten? Wäre es da nicht viel sinnvoller, die Bereitstellung, also die Produktion, insbesondere von solchen gemeinwohlorientierten ö/r Medien, die in der Regel keine weiteren kommerziellen Verwertungsmöglichkeiten haben, a priori auskömmlich zu finanzieren. Könnte man dadurch nicht einerseits gänzlich neue Standards etablieren und andererseits einem Schielen nach der Quote Vorschub leisten? Insbesondere für journalistische und dokumentarische, aber auch für künstlerisch besonders mutige und innovative fiktionale Produktionen, bei denen es nicht in erster Linie um den quantitativen Markterfolg geht, sollte das ein Ansatz sein, der die Rundfunkanstalten wieder näher an ihren Grundauftrag bringt: »Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten.«[14] Eine solche neue Regelung würde dazu beitragen, eine qualitativ hochwertige und vielfältige Erfüllung des Funktionsauftrags zu finanzieren ohne durch Emotionalisierung, Sensationalisierung, Zuspitzung, Vereinfachung oder einfach nur Wiederholung bereits bestehender Erfolgsrezepte auf Klickzahlen und Quoten schielen zu müssen.
Grundvoraussetzung für eine gemeinwohlorientierte und gesamtgesellschaftliche Zur-Verfügungstellung dieser Angebote bleibt allerdings die Vollfinanzierung der Produktionen incl. langfristiger Rechteabgeltung, um Qualität und Vielfalt zu stärken und diese Produktionen dauerhaft online verfügbar zu machen. Es beinhaltet insbesondere eine angemessene Vergütung aller an der Entstehung dieser Produktionen Beteiligten, wobei »Angemessenheit« in einem unabhängigen Prozess unter Einbeziehung der Leistung und der Rechteabtretung der Beteiligten insbesondere der Urheber*innen zu definieren ist. Dies würde eine deutlich höhere Vergütung der beteiligten Filmschaffenden für die vollfinanzierte Produktion inkl. langfristiger Rechteabgeltung bedeuten.
Zur Realisierung dieser Anliegen eignete sich ein innovatives Lizenzmodell, das in diesem Band an anderer Stelle skizziert wird, aber sicher noch der weiteren Präzisierung bedarf (siehe Wesnigk in diesem Band). Den Verwertungsgesellschaften wird dabei eine Rolle zugewiesen und dennoch andere Prioritäten gesetzt als die eines angenommenen Marktes, den es für diese Produktionen in Wirklichkeit aufgrund der bereits erwähnten Oligopolstellung der ö/r Anstalten gar nicht gibt.
Insgesamt wird in der oben zitierten Stellungnahme deutlich, dass das Instrument GVR aus strukturellen Gründen nur eingeschränkt funktionieren kann und außerdem die finanziellen und personellen Kapazitäten der meisten Verbände, die diese GVR abschließen müssen, bei Weitem übersteigt. Im Wortlaut heißt es dort nämlich:
»… dass das eminent wichtige Mittel der GVR Grenzen hat, die dringend verbesserungswürdig sind und durch andere Maßnahmen zu ergänzen sind.«[15]
Aus der Stellungnahme geht hervor, dass von den ca. 116 prinzipiell notwendigen GVR in der deutschen Bewegtbildbranche derzeit gerade einmal 16 ausverhandelt, teilweise aber schon wieder deutlich veraltet sind. Es würde demnach 20 Jahre dauern, alle relevanten GVR lediglich für den Bereich Regie zu verhandeln, gleichzeitig hat eine GVR aber nur eine Gültigkeit von 2 Jahren (vgl. o.a. Stellungnahme S. 12ff.) Es liegt daher auf der Hand, dass die derzeitigen Modelle mit denen über die Frage angemessener Erst‑ und Folgevergütungen verhandelt wird nicht ausreichend sind und weiterentwickelt, ggf. aber auch gänzlich neu gedacht oder zumindest ergänzt werden müssen. An diesen Fragen zur Zukunft unserer ö/r Medien arbeitet unter anderem auch eine Arbeitsgruppe in der Deutschen Akademie für Fernsehen. Hier vertritt man die These, dass im Rahmen eines neu zu schaffenden Medieninnovationsfonds als Reallabor ganz neue Modelle zumindest einmal ausprobiert werden sollten, damit man neue Erfahrungen damit überhaupt generieren kann.[16]
Für journalistische und dokumentarische, aber auch für künstlerisch besonders wertvolle Produktionen im Bereich Kurz‑, Animations- oder Experimentalfilm ist ein alternatives Vergütungsmodell in der Form ratsam, dessen regelmäßige Angemessenheit vorab, aufgrund von statistisch festgestellten Nutzungen angenommen wird und das nur in Ausnahmenfällen (»Bestseller«) einer nachträglichen Anpassung bedarf. Testen würde man ein solches alternatives Verfahren z.B. im Rahmen eines durch Beitragsmittel finanzierten Medieninnovationsfonds vgl. den Beitrag von Lipp zur Gründung eines MEDIFO in diesem Band). Produktionsetats könnten dann über eine Direktbeauftragung der Medienmacher*innen vergeben werden. Dies ist, laut einem Gutachten der Berliner Verfassungsrechtlers Prof. Dr. Martin Eifert,[17] sowie einem Folgegutachten des Leipziger Medienrechtlers Prof. Dr. Hubertus Gersdorf,[18] rechtlich möglich. Im Mittelpunkt dieser Gutachten steht die prinzipielle verfassungsrechtliche Zulässigkeit solcher Modelle, die der Gesetzgeber im Rahmen einer staatsvertraglichen Fortentwicklung regeln kann. Auch Akteure wie der Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap,[19] der Kommunikationswissenschaftler Lutz Hachmeister[20] oder der Hamburger Kultursenator Carsten Brosda[21] plädieren, unter jeweils etwas anderen Vorzeichen, prinzipiell für ein solches Modell der Direktbeauftragung in Form eines Medieninnovationsfonds. Selbst die Bundesregierung lehnt sich an diese Argumentation an und fordert im Medien‑ und Kommunikationsbericht 2018 die Finanzierung unabhängiger privater Medienproduktionen in Form eines solchen Medieninnovationsfonds:[22]
»Der ö/r Funktionsauftrag (v.a. zur Gewährleistung von Meinungsvielfalt, Qualitätsjournalismus, verlässliche/unabhängige Informationen, Regionalität) muss schließlich nicht zwingend allein durch herkömmliche Rundfunk-Angebote und nicht zwingend von den Rundfunkanstalten selbst eingelöst werden: Als weiteres Element einer konvergenten Medienordnung könnte man bspw. einen Medieninnovationsfonds schaffen, durch den ein Teil des Rundfunkbeitrages auch für die Finanzierung unabhängiger privater Medienproduktionen eingesetzt wird. So könnte es auch Anbietern und Produzenten journalistisch-redaktioneller Inhalte außerhalb des jetzigen ö/r Rundfunksystems ermöglicht werden, an der ö/r Finanzierung von Public-Value-Inhalten teilzuhaben und sonst nicht finanzierbare kreative oder investigative Beiträge zur Meinungsbildung bereitzustellen.«
Nach geltendem Recht werden derzeit schon auf der Grundlage von § 112 Medienstaatsvertrag in einzelnen Ländern landesgesetzliche Regelungen für eine Förderung unabhängiger Produzenten aus Rundfunkbeitragsmitteln[23] zur Anwendung gebracht. Gefördert wird dadurch insbesondere Qualitätsjournalismus auf regionaler und lokaler Ebene. Abgewickelt wird diese Variante der Direktbeauftragung unabhängiger Produzent*innen über die Landesmedienanstalten. Soweit dies landesgesetzlich noch nicht erfolgt ist, könnte auch in anderen Kontexten eine Förderung im Rahmen der Möglichkeiten von § 112 Medienstaatsvertrag erfolgen, wenn ein diese Förderung gestattendes Gesetz beschlossen wird. Auf der gerade genannten verfassungsrechtlichen Grundlage für die Direktbeauftragung kann aber auch eine bundesweite Lösung in Form der Gründung einer Medienstiftung erwogen werden, die als zentrale Vergabe‑ und Prüfstelle fungiert und dadurch einige wesentliche Vorteile bietet.
Der Aspekt der Selbstverwaltung der Mittel durch den Fonds ist zentraler und unverzichtbarer Bestandteil des Reformvorschlages. Warum ist das so? Wie oben bereits ausgeführt, haben Medienmacher*innen ein Recht auf angemessene Vergütung ihrer Leistung. Da das Produktions‑ und Verwertungsmodell im Rahmen eines alternativen Lizenzmodells auf dem Prinzip eines weitgehenden Buy Out aller Rechte durch Vollfinanzierung basiert, kann es bei den Medienmacher*innen und ihren politischen Vertretungen nur dann auf Akzeptanz stoßen, wenn größtmöglicher Konsens über die Frage besteht, wie eine angemessene Vergütung für den Buy Out auszusehen hat.
Die historische Erfahrung zeigt, dass Medienmacher*innen gegenüber dem ö/r Oligopol immer in der schwächeren Verhandlungsposition sind. An diesem eklatanten Ungleichgewicht hat bislang auch der Gesetzgeber durch zahllose Protokollnotizen in den Rundfunkstaatsverträgen nichts Wesentliches zu ändern vermocht, obwohl diese dauernd eine angemessene Vergütung der Urheber*innen anmahnen. Aus diesem Grund dürfen auch die Anstalten keinesfalls die Bedingungen über Buy Out Verträge im Rahmen z.B. von CC-Lizensierungen mitbestimmen, weil dies am Ende vor allen den Anstalten selbst, nicht aber den Urheber*innen in die Hände spielen würde. Daher kann die Entscheidung darüber, welchen Wert die Einräumung solcher Rechte hat, nur im Rahmen eines neuen Modells der Selbstverwaltung geschehen.
Damit wäre erstmals auch eine echte Konkurrenz gegenüber dem derzeitigen Produktionsmodell gegeben. Die Medienmacher*innen hätten dann die Wahl: entweder sie produzieren im Rahmen des bestehenden Modells, das ihnen ein hohes Risiko aufbürdet und ihnen für verschiedene Nutzungsarten Verwertungsrechte von oft eher unrealistischer, zumindest unsicherer Verwertbarkeit einräumt. Oder aber sie produzieren zu einem deutlich höheren Festpreis, der ihren Aufwand, ihre künstlerische Leistung und die Verwertung angemessen vergütet, eine eigene weitere kommerzielle Verwertung dafür aber vollständig ausschließt, oder allenfalls im Ausland noch zulässt (vgl. den Beitrag von Cay Wesnigk in diesem Band). Die DSM-Richtlinie zur Harmonisierung der europäischen Urheberrechtsgesetzgebung sieht solche Pauschalzahlungen zur Rechteabgeltung ausdrücklich vor. In Erwägungsrichtlinie 73 heißt es dazu:
»Auch eine Pauschalzahlung kann eine verhältnismäßige Vergütung sein […]. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, unter Berücksichtigung der Besonderheiten jeder Branche Sonderfälle zu bestimmen, in denen eine Pauschalzahlung geleistet werden kann. Es sollte den Mitgliedstaaten freistehen, den Grundsatz der angemessenen und verhältnismäßigen Vergütung mit verschiedenen bestehenden oder neu eingerichteten Verfahren, die unter anderem Kollektivverhandlungen und andere Verfahren umfassen könnten, umzusetzen, sofern sie dem geltenden Unionsrecht entsprechen.«[24]
In Frage steht, ob die derzeit von einigen Urheberverbänden kommunizierten Befürchtungen eines »Ausverkaufes« von finanziellen Interessen der Kreativen durch Buy-Out Modelle (z.B. in Form von OER Lizenzen) durch valide Studien substantiiert worden sind. Vermutlich handelt es sich dabei eher um eher ideologische geprägte Positionen, die in der Vergangenheit immer wieder die Runde machten und sich so in den Köpfen festsetzten und ohne wissenschaftlich systematische Grundlage immer wieder wiederholt werden.
Letztendlich ist davon auszugehen, dass pauschale Verhinderung der Suche nach neuen Modellen, so auch dem hier dargelegten, für die Urheber*innen weiterhin Stillstand bedeutet und damit sogar gegen die finanziellen Interessen der Urheber*innen verstoßen könnte, weil sie deren Besserstellung »up front« (z.B. durch ein konsequentes Modell der realistisch kalkulierten und vollfinanzierten Auftragsproduktion incl. Rechteabgeltung) mit dem Verweis auf den (allerdings in der Regel nicht werthaltigen) Rechterückbehalt verhindert und dadurch den oligopolistischen Auftraggebern am Ende sogar in die Hände spielt?
Klar ist jedenfalls, dass das Recht der Medienmacher*innen auf angemessene Vergütung vom Gesetzgeber anders bewertet werden muss, als im derzeitigen Urheberrecht verankert. Hier wird, zumindest idealiter, für jede Nutzung eine gesonderte Vergütung gefordert. Die Quantität der Nutzung entscheidet dann über den ökonomischen Erfolg. Dabei ist es aber erwiesenermaßen genau dieses Prinzip der Suche nach der größten Aufmerksamkeit, das oft zu Lasten von publizistischen Tugenden wie Genauigkeit, Gründlichkeit oder der langsamen und mühsamen Suche nach Wahrheit geht. Die Regeln für die Vergütung müssen daher auf der Grundlage von anderen, am Gemeinwohl orientierten Kriterien im Rahmen neuer Regelungen innovativ gedacht werden. Das könnte ein Modell der Selbstverwaltung der Mittel sein. Es könnte aber auch eine, nicht zuletzt von den Urheberverbänden immer wieder geforderte, gesetzlich geregelte Mindestvergütung ins Spiel kommen – und zwar insbesondere für die immer wichtiger werdenden Online-Nutzungen. Beide Verfahren sollten versuchsweise in einem Medieninnovationsfonds als Reallabor getestet werden bevor man sie, wenn sie funktionieren, flächendeckend etabliert.
Es muss grundsätzlich klar sein, dass es zur Entwicklung eines vollständig nachhaltigen und sozialverträglichen Modells unter Wahrung der Prinzipien der unternehmerischen Verantwortung und Gemeinwohlorientierung keine Denkverbote geben darf, kein Abwägen von Einzelinteressen, keine Machbarkeits‑ und Durchsetzungserwägungen.
Meine mehrjährige Beschäftigung mit dem Thema im Rahmen einer Dissertation an der Humboldt-Universität zu Berlin gab mir die Freiheit dazu, ein solches Modell zu entwerfen.
Zunächst wurden Kernprinzipien definiert, die der nachhaltigen und gemeinwohlorientierten Produktionsweise zu Grunde liegen sollen. Dies sind: Menschenwürde, Solidarität und Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit, Sozialverträglichkeit, Barriere‑ und Diskriminierungsfreiheit, Achtsamkeit, Transparenz und Mitentscheidung.
Dies bedeutet für Hersteller*innen von Film‑ und Fernsehproduktionen die verantwortungsvolle Realisierung von diskriminierungs‑ und barrierefreien, sozialverträglichen, ökologisch nachhaltigen Produktionen unter Beachtung der tariftreuen bzw. angemessenen Vergütung gemäß UrhG der Urheber*innen bzw. Filmschaffenden. Dies bedarf einer grundsätzlichen Überarbeitung der gängigen Produktionsmethodik, es braucht hierfür mehr Know-How und mehr finanzielle Mittel.
Um dies durchsetzen zu können, müssen die Hersteller*innen alle in Verbindung mit der Produktion entstehenden Kosten erstattet bekommen, inklusive einer Abgeltung ihrer Fixkosten (HU). Dies war in der Theorie auch in der Vergangenheit schon gegeben, aber in der Praxis schränkten die Rundfunkanstalten dies unter Ausnutzung ihrer Oligopolstellung stark ein. Die Sender diktierten meist die Preise für Produktionen im Vorhinein, auch oft ohne Bezug zum tatsächlichen Aufwand. Weiter sollen die Hersteller*innen einen realistischen Gewinnanteil zum Zweck der Rücklagenbildung und der Investition in die Entwicklung neuer Projekte erhalten.
Die hier wiederum von den Rundfunkanstalten und der Filmförderern vorgegebenen kalkulierbaren Prozentsätze an HU und Gewinn hinken denen in anderen Ländern, gerade im englischsprachigen Raum hinterher. Hier muss erheblich nachgebessert werden. Wenn die Produktionen anschließend der Gesellschaft uneingeschränkt zur Verfügung gestellt werden sollen, muss dies zusätzlich abgegolten werden.
Gehen wir also davon aus, dass alle Produktionskosten ohne Einschränkung erstattet werden, sollte ein Handlungskostenaufschlag von 10-15 % dazu kommen, welcher international bereits durchaus üblich ist.
Ein Gewinnanteil zur Rücklagenbildung und Investition, orientiert an den Umsatzrenditen, welche im privaten Sektor erzielt werden, sollte ebenfalls zwischen 10 und 15 % liegen.
Ergänzt werden müssen diese Vergütungen durch ein lizenzähnliches Modell, welches die Übertragung der Nutzungsrechte an die Gesellschaft vergütet. Hier sind verschiedene Modelle denkbar (vgl. den Beitrag von Wesnigk in diesem Band). Hierbei handelt es sich um einen Aufschlag auf die Vergütung der Urheber‑ und Leistungsschutzrechte, welche von den Filmhersteller*innen and Urheber – und Leistungsschutzberechtigte durchgereicht werden müssen.
Ziel war es, für verschiedene Auswertungsformen einen Aufschlagskoeffizienten zu ermitteln, da sich dies als ein bewährtes und praktikables Mittel herausgestellt hat. In intensiver Recherchearbeit wurden in der Branche bereits bestehende Vergütungsregelungen der verschiedenen Urheberverbände und Verwerter studiert und ausgewertet. Folgende Koeffizienten für die Überlassung der Nutzungsrechte für uneingeschränkte Zeit, Territorium, Sprache für folgende Medien wurde im Resultat ermittelt und für verhältnismäßig befunden:
In Summe der beschriebenen Komponenten des Modells würde das etwa eine Verdopplung der derzeit üblichen Produktionsbudgets bedeuten, was in der Tat eine deutliche Belastung der Etats darstellt.
Ein Großteil sowohl der Produzent*innen als auch Urheber*innen und Filmschaffende sind mit ihrer derzeitigen wirtschaftlichen Situation unzufrieden. Die jeweiligen Interessenverbände versuchen, die Situation ihrer Mitglieder partiell zu verbessern. Der eine Verband ist da stärker als der andere, der eine Sender zugänglicher als der andere. Am Ende spielt es aber kaum eine Rolle, wer wie stark und in welche Richtung zieht, das Tuch wird immer zu kurz sein. Die derzeitigen Produktions‑ und Finanzierungsstrukturen können die Probleme aller Beteiligten nicht lösen.
Deshalb sei nochmals betont, dass es einen umfassenden Ansatz zur Neustrukturierung des Produktions‑ und Erlösmodells der Film‑ und Fernsehwirtschaft braucht. Ideen und konkrete Ansätze gibt es genug. Ein sehr beachtenswerter Vorschlag für ein alternatives Lizenzmodell wird in dieser Publikation vom Kollegen Cay Wesnigk entworfen. Von weiteren Verbänden gibt es andere Vorschläge. Die verschiedenen Ansätze gehen von unterschiedlichen Prämissen aus, unterscheiden sich im einen oder anderen Detail.
Wichtig ist nun, diese Ideen nicht gegeneinander auszuspielen, die Partikularinteressen der einzelnen Interessensgruppen, sprich Verbände, erst einmal hintenanzustellen und sorfältig zu prüfen, welche Modelle die Vision einer nachhaltigen und sozial gerechten Produktionsweise am nächsten kommen oder welche Ideen und Modelle kombinierbar sind. Am Ende geht es darum, die Idee eines gemeinwohlorientierten ö/r Mediensystems erfolgreich in eine digitale, nonlineare Zukunft zu übertragen. Wir sollten nicht den Fehler begehen, die Lizenz‑ und Vergütungsmodelle aus der TV-Vergangenheit eins zu eins auf die digitale Gegenwart bzw. Zukunft zu projizieren.
Dabei darf groß gedacht werden und nichts sollte unvorstellbar sein. Nur so konnten die neuen Technologien entstehen welche die Branche momentan mit einer gewaltigen Welle vor sich hertreiben. Sollte es die Branche hierzulande nicht schaffen, ein eigenes, zukunftsweisendes Modell zu erfinden und stattdessen versuchen, die ungeheure Dynamik neuer Produktionswege mit den ihnen eigenen neuen Auswertungs‑ und Publikationsformen nach altbewährtem Muster lenken zu wollen, wird diese Welle sich ihre eigene Bahn suchen und überkommene Produktions‑ und Verwertungswelten hinwegspülen.
Jörg Langer ist einer der profiliertesten anwendungsbezogenen Medienforscher in Deutschland. Er verfügt über mehr als 25 Jahre Berufserfahrung als Produzent und Herstellungsleiter von über 60 Dokumentationen, Reportagen, Features und Dokumentarfilmen und war mehrere Jahre im TV-Weltvertrieb tätig. Er ist Mitglied der AG DOK und der Deutschen Filmakademie und war lange Jahre Dozent an der Beuth-Hochschule für Technik in Berlin für die Fächer Medienökonomie, Medienproduktion und Fernsehgeschichte.
Rotermund, Hermann (2021): Nach dem Rundfunk. Die Transformation eines Massenmediums zum Online-Medium. Köln, Halem.
[1] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/das-ist-ein-gefahrliches-hobby-4849837.html (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[2] https://www.spiegel.de/karriere/medien-und-vielfalt-das-muss-man-sich-leisten-koennen-a-1299158.html (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[3] https://www.pro-quote.de/ (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[4] https://neuemedienmacher.de/ (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[5] https://www.journalist.de/startseite/detail/article/wie-divers-ist-der-ard-nachwuchs (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[6] https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Studien/190125-Beschaeftigte-2.Klasse-Rundfunk.pdf (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[7] Vgl. Castendyk, Goldhammer: Produzentenstudie 2012, Vistas Verlag 2012; Castendyk, Goldhammer, Produzentenstudie 2018, Vistas Verlag 2018
[8] Vgl. J. Langer, Untersuchung zur Situation der Produktionsunternehmen in Bezug auf die Zusammenarbeit mit den Landesrundfunkanstalten der ARD 2012, J. Langer, Umfrage zur Finanzierung für dokumentarische Sendungen des ZDF 2011
[9] Vgl. J. Langer, Situation des Animationsfilms im deutschen Fernsehen 2010 bis 2015
[10] Vgl. J. Langer, Studie Film- und Fernsehschaffende 2015 und 2021, zur Situation der Autor*innen und Regisseur*innen im Dokumentarfilm 2012 und 2015. Vgl. auch J. Langer (2019): Beschäftigte zweiter Klasse? Gute Arbeit auch für Freie. https://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Studien/190125-Beschaeftigte-2.Klasse-Rundfunk.pdf (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[11] Vgl.: https://kunst-kultur.verdi.de/schwerpunkte/urheberrecht/verguetungsregeln (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[12] (Quelle: »Wegweiser Weltvertrieb« AGDOK 2010 https://agdok.de/de_DE/artikel-vertrieb)
[13] https://www.docs-for-democracy.de/wp-content/uploads/2022/02/0-BVR-Stellungnahme-EU-Buyout-Honorare-E9.pdf (aktuell zuletzt am 19.05.2023) Seite 12
[14] Medienstaatsvertrag §26.1. S. 29, https://www.die-medienanstal-ten.de/fileadmin/user_upload/Rechtsgrundlagen/Gesetze_Staatsvertraege/RStV_22_nichtamtliche_Fassung_medienanstalten_final_web.pdf zuletzt abgerufen am 13-6-2022
[15] https://www.docs-for-democracy.de/wp-content/uploads/2022/02/0-BVR-Stellungnahme-EU-Buyout-Honorare-E9.pdf (aktuell zuletzt am 19.05.2023) Seite 12
[16] https://daff.tv/medienpolitik/reformmodell-medieninnovationsfonds/ (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[17] www.docs-for-democracy.de/wp-content/uploads/2021/01/Gutachten_Prof.-Dr.-Martin-Eifert_Rechtliche-Rahmenbedingungen-Foerderung-unabhaengiger-Produzenten-aus-Rundfunkbeitrag.pdf (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[18] www.docs-for-democracy.de/wp-content/uploads/2021/04/210310_Gersdorf_Gutachten_Docs-fuer-Democracy_Eckpunkte.pdf (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[19] https://www.welt.de/kultur/medien/plus222450066/ARD-und-ZDF-Wie-der-Rundfunkbeitrag-sinnvoller-eingesetzt-werden-koennte.html (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[20] https://www.medienkorrespondenz.de/leitartikel/artikel/die-daemmerung-desnbspdualennbspsystems.html
[21] https://www.youtube.com/watch?v=XREPnQD7bBs (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[22] www.docs-for-democracy.de/wp-content/uploads/2021/01/2019-01-09-medienbericht-breg-2018-politischer-teil-data.pdf (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[23] https://www.medienpolitik.net/2020/04/strukturen-staerken-in-denen-qualitaetsjournalismus-entstehen-kann/ (aktuell zuletzt am 19.05.2023)
[24] https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32019L0790 (aktuell zuletzt am 26.06.2023)