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Die DEUTSCHE AKADEMIE FÜR FERNSEHEN soll in der öffentlichen Diskussion über die Medien und ihre Inhalte zu einer Stimme der Fernsehschaffenden werden und das Bewusstsein für die kreativen und künstlerischen Leistungen derjenigen, die die Fernsehprogramme gestalten, fördern und stärken.

Zweck laut Satzung der DEUTSCHEN AKADEMIE FÜR FERNSEHEN ist die Entwicklung des deutschen Fernsehens als wesentlichen Bestandteil der deutschen Kultur sowie der deutschen Kulturwirtschaft zu fördern und deren Vielfalt zu erhalten, das Gespräch und den Austausch von Ideen und Erfahrungen zwischen den deutschen Fernsehschaffenden insbesondere auch zwischen freiberuflichen und in Sendern festangestellten anzuregen, zu stärken und zu pflegen, den Diskurs zu inhaltlichen und wirtschaftlichen Aspekten des deutschen Fernsehens zu führen.

Dazu werden öffentliche Veranstaltungen zu kulturellen, politischen und wirtschaftlichen Themen im audiovisuellen Bereich organisiert, Weiterbildungsveranstaltungen für im audiovisuellen Bereich tätige Personen unter Leitung von Mitgliedern des Vereins oder externen Experten durchgeführt, und die Verleihung einer Fernsehauszeichnung, gegebenenfalls mit noch zu bestimmenden Partnern, vorbereitet und durchgeführt.

Die Akademie hat ihren Sitz in Berlin und München. Sie wird allen kreativen Fernsehschaffenden mit langjähriger Erfahrung und besonderer Leistung bei der Herstellung deutscher Fernsehwerke aus den Bereichen Fiction, Non-Fiction, Unterhaltung und Journalismus offen stehen.
Ab 2024 ist der normale Beitragssatz € 180, in Ausnahmefällen ist er reduziert.

Bitte beachten Sie unsere angepassten Mitgliedsbeiträge ab Januar 2024.

Diese entnehmen Sie der aktualisierten Beitragssatzung unter https://daff.tv/wp-content/uploads/2023/09/Beitragsanpassung_Anlage3_MVDAfF_2023_final.pdf

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Empfänger: Deutsche Akademie für Fernsehen e.V.
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SWIFT BIC: COKSDE33XXX

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Cay Wesnigk: Ein innovatives Lizenzmodell stärkt das Gedächtnis unserer Demokratie

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Cay Wesnigk: Ein innovatives Lizenzmodell stärkt das Gedächtnis unserer Demokratie

Ein innovatives Lizenzmodell stärkt das Gedächtnis unserer Demokratie

Cay Wesnigk

Was ist das Problem?

Das Überwinden von Informationsasymmetrien ist ein zentraler Aspekt des ö/r Funktionsauftrages: Allen Mitgliedern der Gesellschaft möglichst schrankenlos diejenigen Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen, um am demokratischen Prozess möglichst qualifiziert teilnehmen zu können.

Seit geraumer Zeit läuft hier einiges schief. Zunehmend finanzieren ö/r Anstalten insbesondere nichtfiktionale Medienproduktionen entweder viel zu knapp oder nur noch zum Teil und überlassen dem Produzenten dafür bestimmte Rechte, die er, wenn es ihm denn überhaupt gelingt, eigenständig kommerziell verwerten muss um Kostendeckung zu erreichen. Das klappt aber längst nicht immer, was bedeutet, dass Produzent*innnen oft auf einem Teil der Kosten sitzenbleiben. In der Folge sind außerdem immer mehr Produktionen nur sehr kurzfristig im digitalen Gedächtnis verfügbar, weil die Anstalten, immer noch weitgehend der linearen Ausstrahlungslogik folgend, nur eine oder zwei Ausstrahlungen und eine Standzeit von wenigen Tagen oder Wochen in den Mediatheken lizenzieren. Danach verschwinden diese Medien aus dem kulturellen Gedächtnis. Und auch verschiedene andere schlecht gelöste Lizenzfragen haben am Ende deutlich negative Auswirkungen auf das Gemeinwohl.Dabei liegt auf der Hand, dass wir es als Gesellschaft nicht zulassen können, dass gerade jetzt die hochwertigen Qualitätsmedien hinter Paywalls verschwinden, während Populismus, Lügen oder belanglos Gefälliges gratis in Hülle und Fülle verfügbar sind.[1]

Es gilt daher, echte Reformen auf den Weg zu bringen, die es ermöglichen, unzeitgemäße Pfadabhängigkeiten zu verlassen und diejenigen Innovation zu ermöglichen, die den ö/r Grundgedanken zeitgemäß wiederbeleben. Und dazu gehört nicht zuletzt, ein paar vermeintlich staubtrockene lizenzrechtliche Fragen zu klären:

Wer darf die mit Beitragsgeldern geförderten Medien wann, wo, wie lange und in welchem Umfang nutzen? Wer profitiert davon monetär? Und in welcher Höhe?

Was muss sich verbessern?

Wir müssen erstens dafür sorgen dass qualitativ hochwertige Medien, die sich mit unserer gesellschaftlichen Realität befassen und sie in ihrer Komplexität umfassend darstellen, künftig besser entstehen können als dies heute der Fall ist.

Zweitens müssen diese Medien für die Allgemeinheit möglichst umfassend, verlässlich und langfristig zugänglich sein und auch bleiben.

Drittens müssen wir dafür Sorge tragen, dass die Medienmacher*innen (Produzent*innen*innen, Regisseur*innen, Filmemacher*innen etc.), die sich mit der Herstellung dieser Medien befassen, davon auskömmlich leben können.

 

Ein Neustart ist nötig! Meiner Auffassung nach lässt sich so ein Neustart nur im Rahmen eines Versuchsprojektes realisieren, eines Medieninnovationsfonds (MEDIFO) als Reallabor. Finanziert durch einen Anteil an Beitragsgeldern, aber institutionell vollkommen unabhängig von den bestehenden ö/r Anstalten. Eine Arbeitsgruppe in der Deutschen Akademie für Fernsehen (DAfF) arbeitet seit mehreren Jahren an der Konzeption eines solchen Modells (vgl. dazu den Beitrag von Thorolf Lipp in diesem Band). Ziel eines solchen senderunabhängigen ö/r Medieninnovationsfonds (MEDIFO) ist, dass bestimmte, insbesondere für die demokratische Meinungsbildung hilfreiche Medienprojekte endlich wieder jenseits von unmittelbar kommerziellen Erwägungen oder Quotenlogik und ohne lange Vorlaufphasen durch ausufernde redaktionelle Entscheidungswege oder komplizierte Koproduktions‑ und Finanzierungsmodelle entstehen können.

Diese Projekte sollen der Öffentlichkeit in Deutschland möglichst zügig, nachhaltig und ohne Bezahlschranke zur Verfügung stehen. Der Einsatz dieser Medien soll vor den Zwängen der Kommerzialisierung und eines in aller Regel kaum zu erwartenden wirtschaftlichen Erfolges auf einem hart umkämpften »Markt« geschützt werden und muss daher von der Entstehung bis zur »Verwertung« von einem von der Gemeinschaft finanzierten System begleitet und getragen werden.

Es gilt daher, eine Lösung zu finden, die diese Ziele des MEDIFO ermöglicht, ohne gleichzeitig Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigte in Buy- Out-Modelle zu zwingen und sie so von einem möglichen und wünschenswerten, langfristigen Erfolg ihrer Werke finanziell komplett abzukoppeln. Gleichzeitig sollen die Werke der Öffentlichkeit so frei wie möglich zugänglich gemacht werden und ein möglichst breites Publikum finden. Generell soll verhindert werden, dass die Werke im Inland für immer hinter einer Paywall oder ganz aus der Öffentlichkeit verschwinden. Das MEDIFO Modell kann und soll die weiterhin bestehenden kommerziellen Strukturen der Medienproduktion und des Vertriebs nicht ablösen, sondern sinnvoll ergänzen. Es sind auch Mischformen aus beiden Welten vorgesehen und erwünscht, das heißt, dass in der Finanzierung auch Kombinationen von MEDIFO Geldern und anderen Finanzierungen möglich sein sollen. Damit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass Filme immer Wirtschafts‑ und Kulturgut zugleich sein können. Das MEDIFO Modell orientiert sich dabei an einer jahrzehntealten Praxis des National Filmboard of Canada.[2]

Möglicher Lösungsweg

Analog zum National Filmboard of Canada wird das MEDIFO Projekt als ein Zwitter aus Förderung und Produktionshaus aufgesetzt. Ein Produktionshaus allerdings, das als gemeinnützige Stiftung verfasst ist und – anders übrigens, als die diversen Tochtergesellschaften der ö/r Anstalten – keine eigene Gewinnerzielungsabsicht verfolgt. Anders als bei einigen der heute üblichen »Film und TV-Programmförderungen« müssen Produzent*innen keinen Eigenanteil und keine Ländereffekte erbringen. MEDIFO erwirbt aber im Gegenzug für die Förderung bestimmte Rechte und tritt als Ko-Produzent auf (NICHT als ausführender Produzent). Die finanziellen Mittel, die von MEDIFO ausgereicht werden, führen zu einer Übertragung insbesondere nichtkommerzieller Rechte an MEDIFO und macht MEDIFO rechtlich gesehen zum Ko-Produzenten. Der Vorgang der Beteiligung als Ko-Produzent wird im folgenden Text trotzdem als Förderung bezeichnet, denn ohne diese Beteiligung würden die MEDIFO Projekte in der Regel nicht oder nur unter Selbstausbeutung aller Beteiligten entstehen.

Entscheidend für eine Förderzusage des MEDIFO ist, dass die entstehenden Werke einem hohen professionellen Standard entsprechen und gleichzeitig durch Relevanz, Vielfalt, Gemeinwohlorientierung und künstlerische Qualität überzeugen. Es muss einem Gütesiegel, ähnlich des Prädikats der Filmbewertungsstelle oder einer Auszeichnung mit dem Grimme-Preis gleichkommen, wenn ein Film »MEDIFO-gefördert« ist. Zur Entwicklung von innovativen Auswahlverfahren im MEDIFO arbeitet seit einiger Zeit eine eigene Arbeitsgruppe innerhalb der Deutschen Akademie für Fernsehen (DAfF).[3]

Das Lizenzmodell der MEDIFO-Stiftung verfolgt mehrere Hauptziele

Die Förderung und möglichst schrankenlose, nachhaltige Verbreitung innovativer Medienprojekte.

Die Förderung insbesondere von unabhängigen Medienmacher*innen* Produzent*innen*innen, Autor*innen, Regisseur*innen, Filmemacher*innen durch angemessene Vergütung der Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigten für ihre Arbeit und ihre Rechte.

Es ist angesichts massiver Konzentrationstendenzen in der Branche dringend notwendig, gerade auch den kleinen flexiblen Produktionseinheiten das Weiterarbeiten zu ermöglichen. Viele innovative Themen und Projekte können nur von flexiblen, unabhängigen Strukturen mit der notwendigen Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit realisiert werden. Produktionsfirmen, an denen Sender mehr als 50 % der Anteile halten (Sendertöchter) oder solche, an denen Sendertöchter beteiligt sind, sind deshalb von der Förderung durch den MEDIFO ausgeschlossen.

Rechteübertragung und Lizenzkette

Die mit Unterstützung der MEDIFO Stiftung entstandenen Werke sollen möglichst nachhaltig rechtssicher verfügbar sein. Daher bedarf es einer klaren lizenzrechtlichen Einordnung der Werke und einer einwandfreien Lizenzkette von allen beteiligten Rechteinhabern auf die ausführenden Produzent*innen. Wir nennen unser Modell im Arbeitstitel »MEDIFO-Lizenz«.

Wenn Produzent*innen ein Projekt von MEDIFO fördern lassen, erklären sie sich mit folgenden Bedingungen für die anschließende Nutzung dieses Werkes einverstanden:

Erstens, sie überlassen der MEDIFO Stiftung eine nichtexklusive, nichtkommerzielle Lizenz für die Bundesrepublik Deutschland insbesondere die Nutzung in den ö/r Mediatheken und einer Gruppe von durch die MEDIFO Stiftung geprüften und anerkannten, nicht kommerziellen »Verwertern«. Dies können beispielsweise Institutionen wie die Bundeszentrale für politische Bildung, das FWU, Schulen und Universitäten, das Netzwerk Bibliotheken, die Technische-Informations-Bibliothek Hannover (IWF-Nachfolger), Bildungsserver der Länder, aber auch das kommunale Kino oder der Jugendclub um die Ecke sein.

Zweitens müssen sich die Nutznießer der MEDIFO Lizenz vorzugsweise in Deutschland befinden. Einzige territoriale Ausnahme ist das Goethe-Institut, das MEDIFO geförderte Produktionen auch in seinen Instituten oder auf Veranstaltungen im Ausland nutzen darf. Bedingung sind, neben der Nichtkommerzialität, ein Verbot von Werbung im Umfeld der Filme, ein Verbot von Datamining von Nutzer*innen- bzw. Zuschauer*innen-Daten. Eine Ausnahme hierbei ist die Verpflichtung zum Reporting jeder Nutzung mit genauen Angaben zu dem wo, wann, wie viele Zuschauer an ein zentral von der MEDIFO-Stiftung betriebenes Portal, wo diese Daten gesammelt und anonymisiert ausgewertet werden. Ggf. können hier künftig auch Blockchain-Verfahren zum Einsatz kommen, die aus dem derzeit mehr schlecht als recht funktionierendem »Rough-Justice-System« der Verwertungsgesellschaften ein feingetuntes »Fine-Justice-System« machen könnten (vgl. hierzu auch den Beitrag von Michael Esser in diesem Band). Hier könnten eventuell auch Erlöse inkassiert und verteilt werden, gerne in enger Kooperation mit den Verwertungsgesellschaften. Auch zu diesem komplexen Themenbereich arbeitet eine eigene Arbeitsgruppe innerhalb der Deutschen Akademie für Fernsehen (DAfF).

Die so erhaltenen Daten dienen der qualitativen Erfolgskontrolle und bieten die Grundlage für Nachvergütungen für Rechteinhaber im Rahmen einer speziellen Bestseller-Regelung. Diese soll eine angemessene Partizipation der Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigten an überdurchschnittlichen Erfolgen ermöglichen (s.u.). Im Gegenzug für das Einräumen dieser nichtkommerziellen MEDIFO Lizenz sollen die leistungschutzberechtigten ausführenden Produzent*innen bereits bei der Herstellung durch zu kalkulierende Produzent*innenenhonorare und Überschreitungsreserven/Gewinne eine solide finanzielle Basis erwirtschaften, und ihre Infrastruktur erhalten und ausbauen können. Das bedeutet: Wenn Produzent*innen Werke zu 100 % mit MEDIFO Mitteln produzieren, soll das Geschäftsmodell ohne weitere Erlöse bereits tragfähig sein (s.u.). Produzent*innen werden also, anders als die heute oft gängige Praxis der ö/r Anstalten, nicht dazu gezwungen, lediglich teilfinanzierte Produktionen über nachträgliche Verkäufe zu refinanzieren.

100 % Finanzierung ist möglich

Der Rundfunkbeitrag, aus dem die MEDIFO Projekte finanziert werden sollen, wird von deutschen Haushalten erhoben und insofern soll den Beitragszahler*innen ein echter Mehrwert zurückgegeben werden. Eine Produktion, die zu 100 % aus dem MEDIFO Topf finanziert wird, steht deshalb der deutschen Öffentlichkeit sofort nach Uraufführung mit MEDIFO-Lizenz zur Verfügung, zuerst durch die nicht kommerziellen, MEDIFO zertifizierten Anbieter, dann in der Regel im Rahmen von VOD z.B in einem Bereich der ö/r Mediatheken. Es sind allerdings auch in diesen Fällen kürzere Festival- oder Kinotournee-Sperren möglich, durch die wiederum Aufmerksamkeit für das Projekt generiert werden soll. Auch die Veranstalter sollen durch diese zeitlich begrenzte Exklusivität zusätzlich motiviert werden, sich um die Produktionen zu kümmern und sie ihrem Publikum nahezubringen. Ein Auswertungskonzept ist integraler Bestandteil eines MEDIFO Projektförderungsantrages. Mittel dafür können gleich mit der Produktionsförderung beantragt und gefördert werden, denn ein Medienprojekt wird ohne Werbeetat in aller Regel weniger Zuschauer*innen erreichen. Diese Auswertung kann bereits gemeinsam mit Veranstaltern beantragt werden. Auch Verleiher, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben, können als Partner bereits mit im Boot sein.

Ko-Produktionen mit MEDIFO

Grundsätzlich gilt: je mehr Fremd‑ und Eigenmittel Produzent*innen in den Finanzierungsplan einbringen, desto länger können sie und ihre Partner das Werk kommerziell in Deutschland auswerten, ohne das die MEDIFO Lizenz parallel bereits genutzt werden kann. Sie können also, wenn sie das möchten, auch eine Mischkalkulation anstellen, die ihnen mögliche andere Einkommensquellen eröffnen und sie als wirtschaftlich Handelnde direkt am Erfolg beteiligen. Dabei gilt:

Je mehr Fremd‑ und Eigenmittel Produzent*innen in den Finanzierungsplan einbringen, desto länger ist ihr exklusives kommerzielles Auswertungsfenster im In‑ und Ausland und desto höher ist ihre Chance auf zusätzliche Erlöse aus diesen Auswertungen. Produzent*innen sind darüber hinaus anteilig an den Ausschüttungen ihrer Verwertungsgesellschaften beteiligt (die MEDIFO Stiftung durch ihren Ko-Produzenten Anteil allerdings ebenfalls). Nach Ablauf dieses Auswertungsfensters müssen alle MEDIFO-Produktionen bundesweit über die genannten nichtkommerziellen Kanäle der Allgemeinheit verfügbar gemacht werden.

Kommerzielle Weiterverwertung

Das Recht zur kommerziellen Nutzung verbleibt auch nach Beginn der nichtkommerziellen Auswertung über die MEDIFO Lizenz immer bei den Produzent*innen. Je nach Finanzierungsanteil von Fremd- oder Eigenmitteln werden sie durch Auswertungsfenster vor der frühzeitigen, für ihre Verwertungsabsichten kontraproduktiven Aufnahme der nichtkommerziellen Verwertung bzw. Einstellung in ö/r Mediatheken geschützt. Kommerzielle Auswertungen können z.B. der Kinoverleih, eine DVD-Auswertung oder ein Pay VOD Angebot sein. Oder auch nur eine Kinotour mit anschließender Diskussionsveranstaltung oder ähnliche Events. Derartige Auswertungsstrategien sind durch MEDIFO Mittel zusätzlich förderbar (Vertriebsförderung), denn die MEDIFO Stiftung kümmert sich auch um die Sichtbarmachung, Bewerbung und den Vertrieb der Produktionen im nichtkommerziellen Bereich. Es gibt sonst keine ausreichende Incentivierung, da diese nicht kommerziell ist, was bedeutet, dass keine Gewinnabsicht vorliegen darf und der Träger der Maßnahme in der Regel gemeinnützig sein wird. Eintritte zur Kostendeckung z.B der Werbekosten, der Saalmiete oder von Organisations-Kosten dürfen aber sehr wohl erhoben werden.

Es liegt bei den Produzent*innen, ob sie ihre Werke auch auf anderen, kommerziellen Plattformen (z.B. Amazon, YouTube etc.) veröffentlichen und monetarisieren wollen – oder eben nicht. Jeder Versuch, die MEDIFO geförderten Werke ans Publikum zu bringen ist willkommen, weswegen ja auch ein Teil des Stiftungsetats für innovative Auswertungsstrategien eingesetzt wird. Wenn die Produzent*innen das für sinnvoll halten und alle Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigten dem zustimmen, soll es auch möglich sein, MEDIFO geförderte Filme unter einer der verschiedenen CC Lizenzen zu veröffentlichen. Die nichtkommerzielle MEDIFO Lizenz wird davon nicht beeinflusst und die beteiligten Urheber müssen explizit mit der Aufgabe ihrer Rechte an die CC-Lizenz einverstanden sein. CC-Lizenzierung darf aber keine Bedingung »sine qua non« für die Mitwirkung darstellen.

Insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Werbung könnte eine eingeschränkte CC-Lizenz für die Verwendung kurzer Ausschnitte und Trailer sinnvoll sein. Wikipedia ist an der Nutzung von solchen kurzen Ausschnitten und Sequenzen interessiert und stellt eine enorme Reichweite her, die auch für eine weitere kommerzielle Auswertung des Gesamtwerkes dienlich sein kann, lässt aber derzeit nur Werke zu, die unter einer CC BY-SA Lizenz veröffentlicht wurden.

Auslandsverwertung

Die MEDIFO-Lizenz gilt, von wenigen Ausnahmen abgesehen, nur im Inland. Denn vor allem der deutsche Beitragszahler soll ja möglichst umfassend davon profitieren. Produzent*innen können aber weitere Erlöse aus kommerzieller Verwertung im Ausland erzielen. Haben sie eine MEDIFO Förderung erhalten müssen Produzent*innen, nach Rückführung aller eingesetzten Eigen‑ und Fremdmittel, auch Urheber*innen und Leistungsschutzberechtigte an diesen Erlösen beteiligen. Die Ausgestaltung der Beteiligung wird in GVRs zwischen den Verbänden unter Mitwirkung von MEDIFO verhandelt und festgelegt.

Die MEDIFO-Stiftung als Ko-Produzent verzichtet grundsätzlich auf jede Beteiligung an möglichen Auslandserlösen. Diese sollen im Wesentlichen die Eigenkapitalbasis der Produzent*innen stärken. Voraussetzung für eine Auslandsverwertung ist ja ohnehin, dass das Werk auch dort ein Verwertungspotential hat und Produzent*innen in der Lage sind, die entsprechenden Rechte aller vorbestehenden Werke (Musik, Archive, andere vorbestehende Werke) auch für andere Territorien als die BRD zu klären. Gelingt den Produzent*innen eine erfolgreiche internationale Auswertung des Projektes, so können sie diese Erlöse nach Abzug aller Kosten und Beteiligungen als Gewinn verbuchen.

Die MEDIFO Förderung muss in diesen Fällen zwar nicht zurückgezahlt werden, darf allerdings auch nicht gegenüber beteiligten Urhebern und Leistungsschutz­berechtigten als vorabzuziehende Eigenmittel der Produzent*innenen in Ansatz gebracht werden. So ist eine rechtssichere, lizenzrechtlich einwandfreie Lösung auf Basis des Urheberrechts erreicht, die die MEDIFO geförderten Medien im Inland früher oder später dauerhaft auf nichtkommerziellen Plattformen verfügbar machen, die Verwertungsgesellschaften mit einbeziehen und stärken und eine angemessene Folgevergütung der Urheber und Leistungsschutzberechtigten sicherstellt. Die Verwendung von Archivmaterial oder anderer zu lizenzierender vorbestehender Werke ist auch für die MEDIFO Lizenz ein einschränkender Faktor. Grundsätzlich sind solche Lizenzen von ausführenden Produzent*innen für die MEDIFO Lizenz auf die Dauer von 10 Jahren zu erwerben mit einer Option auf Verlängerung um weitere 5 Jahre. Die MEDIFO Stiftung wird Rücklagen bilden, um bei besonders häufig angeforderten Filmen diese Rechte nachklären zu können. Produzent*innen haben dafür die Vorbereitungen zu treffen und alle nötigen Vereinbarungen entsprechend zu treffen und zu übergeben. Auch zum Reporting sämtlicher kommerzieller Erlöse gegenüber MEDIFO sind die Produzent*innen verpflichtet, so dass diese Daten in die Gesamtbetrachtung des Erfolges der MEDIFO Projekte einfließen können.

MEDIFO geförderte Produktionen mit Eigen- oder Fremdmitteln, TV Beteiligung

Wenn in den Finanzierungsplan ein Eigenanteil oder Fremdmittel (TV-Lizenzen, Minimumgarantien oder andere Förderungen) von zusammen über 50 % der Herstellungskosten eingebracht wird, wenn also die MEDIFO Förderung unter 50 % beträgt, wird den Produzent*innen ein bis zu 24-monatiges, exklusives Auswertungsfenster nach Uraufführung für die kommerzielle Auswertung in Deutschland eingeräumt. Erst danach kann die erste Ausstrahlung durch den ö/r Rundfunk erfolgen bzw. das Einstellen in die ö/r Mediatheken, und erst danach beginnt die nichtkommerzielle Nutzung mit MEDIFO Lizenz im nichtkommerziellen und Bildungsbereich in Deutschland. Ausnahmen von dieser Regelung sind allerdings möglich, wenn Produzent *innen dies wünschen und es zu einer besseren Sichtbarkeit und Auswertung der MEDIFO geförderten Projekte führt.

Wie soll der ö/r Rundfunk von MEDIFO profitieren, ohne dass die zur Verfügung stehenden Mittel wieder von vornherein für die eigenen Programme verplant werden?

Die mit Förderung aus dem MEDIFO-Modell entstehenden Projekte beinhalten ein einmaliges Ausstrahlungsrecht in einem ö/r Sender gegen die Zahlung eines zusätzlichen Lizenzanteils. Dieser Lizenzanteil kann bereits Teil des Finanzierungsplans sein, dabei handelt es sich dann rechtlich aber um einen »Prebuy« und NICHT um eine Koproduktion des Senders, die diesem weitgehende Mitspracherechte und redaktionelle Abnahme ermöglichen würde.

Kein ö/r Sender hat ein exklusives Anrecht auf den Erwerb dieser Lizenz. Kein ö/r Sender soll, wie in vielen Filmförderungen inzwischen üblich, eigene Entscheider in die Gremien entsenden und so die Gremiums-Entscheidungen in seinem Sinne beeinflussen. Jede Redaktion eines ö/r Senders kann die deutschen (Erst‑)Senderechte erwerben. Auch ö/r Sender mit ausländischer Beteiligung bzw. Sendefenstern, wie ARTE oder 3SAT oder die Deutsche Welle, können sich mit eigenen Finanzmitteln als Prebuy die exklusiven oder nicht exklusiven Senderechte für ihre Programme sichern. Die z.B. von der Nordmedia bekannte Dynamik, dass der ö/r Sender die Produzent*innen zur regionalen Förderung schickt, um dann die vom Sender gewünschten Projekte dort fördern zu lassen, muss unbedingt vermieden werden!

Auch die oft unausgesprochene »Förder-« Bedingung, dass eine Förderung nur möglich ist, wenn ein ö/r Sender bereits die Ausstrahlung zugesagt hat und sich finanziell beteiligt, ist unbedingt zu vermeiden. Das heißt im Umkehrschluss: auch eine 100 % Förderung von Projekten durch MEDIFO bleibt immer möglich. Und zwar auch dann, wenn kein ö/r Sender von vornherein an der Finanzierung beteiligt ist.[4] Bekundet ein deutscher ö/r Sender sein Interesse, einen MEDIFO geförderten Film auszustrahlen, nachdem dieser fertiggestellt ist (also ohne, dass sein Prebuy-Anteil bereits im Finanzierungsplan Niederschlag gefunden hat) soll die zu zahlende Lizenzsumme den üblichen Prebuy-Betrag um mindestens 50 % überschreiten. 50 % dieser Lizenzsumme stehen den Produzent*innen zu, mit 25 % werden wiederum die Urheber beteiligt, 25 % fliessen in den MEDIFO Topf zurück. Dadurch sollen die Sender motiviert werden, sich von vornherein mit Prebuys an MEDIFO Projekten finanziell zu beteiligen, weil dies für sie dann günstiger ist.

Die ö/r Mediatheken als Abspielfenster

In jedem Fall sollen alle MEDIFO Projekte von Anfang an, eventuell nach einer Sperrfirst s.o. – danach aber wenn möglich zeitlich unbegrenzt – in deutscher Sprachfassung in den Mediatheken der ö/r Sender unter dem MEDIFO Label zur Verfügung stehen (geoblocked für Deutschland, es sei denn die Produzent*innen geben andere Territorien frei). Dies gilt auch für MEDIFO geförderte Werke die die Sender nicht linear ausstrahlen wollen. Ob eine zusätzliche Verfügbarmachung in einer eigenen MEDIFO Mediathek sinnvoll ist, muss noch geprüft werden. Eine Lizenzzahlung der ö/r Anstalten für diese Nutzung wird nicht erwartet. Weder an die Produzent*innenen noch an MEDIFO noch an die beteiligten Urheber*innen. Die Rechte für die Mediatheken-Nutzung wurden mit der Erstvergütung für die Produktion zusammen mit der restlichen MEDIFO Lizenz im Rahmen eines innovativen Vergütungsmodells (siehe auch den Beitrag von Jörg Langer in diesem Band) erworben. Die in den Mediatheken unter dem Label MEDIFO gelisteten Produktionen sind zusätzlich gekennzeichnet »mit der besonderen Erlaubnis der kostenfreien Nutzung/Verwendung als Bildungsmedium in Schulen, Universitäten, Volkshochschulen, Kindergärten… » im Rahmen der MEDIFO Lizenz. Die ö/r Mediatheken-Nutzung ist Teil der freien MEDIFO-Lizenz, die mit der Förderung durch MEDIFO übertragen wird. Allerdings gilt hier die oben bereits kurz erwähnte Bestseller Regelung die im Folgenden weiter ausgeführt wird.

Besteller Regelung

Für Urheber*innen und künstlerisch Leistungsschutzberechtigte wird bei deutlich überdurchschnittlicher Nutzung ihrer Werke nach jeweils 5 Jahren in den Mediatheken ein Nachschlag aufs Honorar fällig. Dessen Höhe und genaue Bedingungen werden im Rahmen von noch zu entwickelnden MEDIFO Vergütungsrichtlinien gesondert verhandelt. Da alle zertifizierten Nutzer der MEDIFO Lizenz verpflichtet sind, die jeweiligen Nutzungsdaten jedes MEDIFO geförderten Projektes an das MEDIFO Portal zu liefern, entsteht dort eine qualitative und quantitative Statistik der tatsächlichen Nutzung, die die Grundlage für die Einstufung als Bestseller liefert. Dies gilt auch für die ö/r Mediatheken.

Zusammenfassung

Das hier skizzierte innovative Lizenzmodell kann bestehende Schieflagen zu Ungunsten sowohl der Medienmacher*innen als auch der Bürger*innen beseitigen helfen und sollte erhebliche positive Auswirkungen auf Gemeinwohlaspekte haben: Vergütungen werden fairer, sozialverträglicher und nachhaltiger, gerade kleinere Produzent*innen mit nichtkommerziellen Projekten eröffnen sich ganz neue wirtschaftliche und kreative Perspektiven in dem Förderentscheide von einseitiger Markt‑ und Quotenlogik befreit werden. Geförderte Medien bleiben prinzipiell für mindestens 10 Jahre in nichtkommerziellen Kontexten im digitalen Gedächtnis verfügbar, was ihre Zitierbarkeit sowie ihren Einsatz in Unterricht, Lehre und Wissenschaft deutlich erleichtert.

Cay Wesnigk ist Drehbuchautor, Filmproduzent und Regisseur. Von 2001 bis 2020 war er Vorstandsvorsitzender der Online Film AG. Seit 1994 in verschiedensten Positionen medienpolitisch tätig. Darunter annähernd dreissig Jahre als Vorstandsmitglied der AG DOK, Mitglied im Verwaltungsrat der VG Bild-Kunst, Vorstandsmitglied des Europäischen Dokumentarfilmnetzwerkes. Für den Film »Carl F. W. Borgward – Aufstieg und Fall eines Autokönigs« erhielt er 2003 den Ernst-Schneider-Preis in der Kategorie Fernsehen. Seine Produktion »Hitlers Hitparade« wurde 2005 mit einem Grimme-Preis ausgezeichnet.

[1] https://www.currentaffairs.org/2020/08/the-truth-is-paywalled-but-the-lies-are-free/ (aktuell zuletzt am 01.01.2023)

[2] https://www.nfb.ca/ (aktuell zuletzt am 01.05.2023)

[3] https://daff.tv/medienpolitik/reformmodell-medieninnovationsfonds/ (aktuell zuletzt am 20.06.2023)

[4] Hier muss noch eine beihilferechtliche Prüfung erfolgen, ggf. ist hier nominal nur eine 95 % Förderung möglich.